Nutzniessungsrecht und Wohnrecht auf einen Blick
Dir stehen verschiedene Optionen offen, wie du deine Immobilie für die Zukunft planen und gestalten kannst. Besonders im Kontext des Verkaufs oder der Übertragung an die nächste Generation sind Nutzniessung und Wohnrecht interessante Konzepte, die sowohl Vorteile als auch spezifische Besonderheiten mit sich bringen.
Was ist eine Nutzniessung?
Stell dir vor, du könntest dein Haus oder deine Wohnung an deine Kinder weitergeben, aber trotzdem weiter darin leben oder sogar Einnahmen daraus generieren. Genau das macht die Nutzniessung möglich.
Das Recht der Nutzniessung ist persönlich und nicht übertragbar oder vererbbar. Sie gewährt dir als Nutzniesser oder der Nutzniesserin weitreichende Rechte: Du darfst die Immobilie bewohnen und die daraus resultierenden Einkünfte (wie zum Beispiel Mietzinsen) für dich beanspruchen. Mit diesen Rechten kommen aber auch Pflichten wie die Instandhaltung der Immobilie und die Übernahme von Betriebskosten.
Diese Art der Vereinbarung ist ideal, wenn du zum Beispiel deine Immobilie schon zu Lebzeiten an deine Kinder übergeben möchtest. Die Nutzniessung bietet dir Flexibilität und Sicherheit, gleichzeitig kann sie auch steuerliche Vorteile mit sich bringen.
Rechtliche Begründung
Die Nutzniessung wird rechtlich durch eine öffentliche Beurkundung begründet. Die beiden beteiligten Parteien schliessen einen notariell beurkundeten Vertrag ab, welcher die Rechte und Pflichten des Nutzniessers festlegt. Danach wird dieser Vertrag in das Grundbuch eingetragen. Dieser Schritt ist äusserst wichtig, denn so wird die Nutzniessung für alle zukünftigen Eigentümer bindend und sichtbar.
Rechte und Pflichten
Bei der Nutzniessung sind die Rechte und Pflichten klar definiert. Hier ein Überblick:
Rechte
- Recht auf Besitz: Nutzniesser haben das Recht, die Immobilie zu besitzen und nach Belieben zu benutzen. Dabei dürfen aber die Eigenschaften der Immobilie nicht wesentlich verändert werden.
- Recht auf Gebrauch und Nutzung: Nutzniesser dürfen die Immobilie selbst bewohnen oder sie zu anderen Zwecken nutzen, beispielsweise zur Vermietung.
- Recht auf Fruchtziehung: Alle natürlichen und wirtschaftlichen Vorteile der Immobilie stehen den Nutzniessern zu. Zum Beispiel Mieteinnahmen oder Erträge aus landwirtschaftlicher Nutzung.
Pflichten
- Sorgfaltspflicht: Nutzniesser müssen die Immobilie sorgfältig und verantwortungsvoll nutzen und dürfen keine übermässige Abnutzung oder Schäden verursachen.
- Erhaltungspflicht: Sie sind verpflichtet, die Immobilie instand zu halten. Dazu gehören notwendige Reparaturen und Massnahmen zur Erhaltung des Wertes der Immobilie.
- Unterhalts- und Bewirtschaftungspflicht: Nutzniesser tragen die laufenden Kosten für die Instandhaltung und den Betrieb der Immobilie, einschliesslich der Hypothekarzinsen, Versicherungsprämien und Steuern.
Arten der Nutzniessung
Es gibt drei verschiedene Arten der Nutzniessung:
- Rechtsgeschäftliche Einräumung unter Lebenden: Diese Form der Nutzniessung wird durch einen Vertrag zwischen den beteiligten Parteien begründet, oft als Teil einer Schenkung oder als vorgezogener Erbgang. Sie ermöglicht es Nutzniessern, die Immobilie zu Lebzeiten des bisherigen Eigentümers zu nutzen.
- Recht auf Nutzniessung von Todes wegen: Hier wird das Recht auf Nutzniessung durch ein Testament oder einen Erbvertrag festgelegt, wodurch Nutzniesser das Recht erhalten, nach dem Tod des Eigentümers die Immobilie zu nutzen.
- Gesetzliches Recht auf Nutzniessung: In bestimmten Fällen kann das Gesetz einer Person ein Recht auf Nutzniessung zusprechen, ohne dass es einer vertraglichen Vereinbarung bedarf. Dies betrifft beispielsweise den überlebenden Ehepartner oder eingetragene Lebenspartner, denen ein Nutzungsrecht an der gemeinsamen Wohnung zusteht, um sie weiter bewohnen zu können.
Was versteht man unter einem Wohnrecht?
Ein Wohnrecht gewährt einer oder mehreren Personen die Möglichkeit, eine Immobilie oder Teile davon zu bewohnen, ohne dass sie Eigentümerinnen und Eigentümer sind. Dieses Recht wird typischerweise im Grundbuch eingetragen und ist somit rechtlich bindend und durchsetzbar. Wohnrechte sind besonders relevant für ältere Personen, die ihr Eigentum an die nächste Generation übertragen möchten, aber weiterhin in ihrem Zuhause leben wollen.
- Wie und wann wird ein Wohnrecht verliehen? Wohnrechte können auf verschiedene Arten verliehen werden, darunter durch Schenkung, Testament oder als Teil eines Erbvorbezuges. Sie werden formal durch den Eintrag im Grundbuch etabliert.
- Welche Berechtigungen umfasst ein Wohnrecht? Das Wohnrecht berechtigt die begünstigte Person dazu, die Immobilie zu Wohnzwecken zu nutzen. In der Regel ist die Vermietung oder anderweitige kommerzielle Nutzung der Räumlichkeiten nicht erlaubt. Auch grosse Umbauten ohne Zustimmung der Eigentümer sind meist ausgeschlossen.
Arten des Wohnrechts
Beim Wohnrecht unterscheidet man verschiedene Formen, die sich je nach Bedürfnissen und spezifischer Situation anbieten. Hier sind die grundlegenden Typen, die in der Praxis unterschieden werden:
- Ausschliessliches Wohnrecht: Dieses Recht gestattet es der berechtigten Person, das gesamte Objekt oder bestimmte Teile davon ausschliesslich zu bewohnen. Die Wohnrechtsinhaber haben das Recht, die Räumlichkeiten zu nutzen, ohne dass andere Personen, einschliesslich der Eigentümer, diese nutzen können.
- Mitbenutzungsrecht: Im Gegensatz zum ausschliesslichen Wohnrecht ermöglicht das Mitbenutzungsrecht den Wohnrechtsinhaber, die Immobilie oder Teile davon gemeinsam mit anderen zu nutzen. Dies ist häufig in Situationen der Fall, in denen mehrere Parteien Zugang zu gemeinschaftlichen Einrichtungen wie Küchen, Badezimmern oder Wohnbereichen haben.
- Verbindung von ausschliesslichem Wohnrecht und Mitbenutzungsrecht: Eine Kombination der beiden vorherigen Formen ist ebenfalls möglich und in der Praxis nicht unüblich. Hierbei können bestimmte Räume ausschliesslich von den Wohnrechtsinhaber genutzt werden, während andere Bereiche wie Gemeinschaftsräume oder Aussenanlagen gemeinschaftlich genutzt werden. Diese Arrangements erfordern eine klare Vereinbarung und präzise Definition im Wohnrechtsvertrag.
Unentgeltliches und entgeltliches Wohnrecht
Ein Wohnrecht kann entweder unentgeltlich oder entgeltlich eingeräumt werden. Der Unterschied liegt darin, ob die wohnberechtigte Person eine finanzielle Entschädigung an die Eigentümer zahlt oder nicht.
- Wann wird eine Entschädigung vereinbart? Eine Entschädigung für das Wohnrecht wird typischerweise vereinbart, wenn die Immobilie einem Dritten, der nicht verwandt ist, zur Verfügung gestellt wird oder wenn innerhalb der Familie finanzielle Ausgleichszahlungen für die Nutzung der Immobilie erwünscht sind.
- Wann kann der Wert des Wohnrechts wichtig sein? Der Wert eines Wohnrechts wird besonders relevant, wenn es um die Erbschaftsplanung oder steuerliche Überlegungen geht. Bei einem Wohnrecht, das im Rahmen eines Erbvorbezugs oder einer Schenkung eingerichtet wird, kann der kapitalisierte Wert des Wohnrechts entscheidend sein, um den gerechten Wert des übertragenen Vermögens zu ermitteln. In solchen Fällen ist es ratsam, den Wert des Wohnrechts genau zu bestimmen und vertraglich festzulegen, um spätere Streitigkeiten vorzubeugen.
Wie unterscheiden sich Nutzniessung und Wohnrecht?
Nutzniessung und Wohnrecht sind Formen der Dienstbarkeit, die Personen berechtigen, Immobilien zu nutzen, ohne deren Eigentümer zu sein. Trotzdem unterscheiden sie sich in verschiedenen Punkten.
Dauer und Beendigung
- Nutzniessung kann lebenslang oder bis zu einem festgelegten Datum bestehen. In der Schweiz darf sie aber nicht länger als 100 Jahre dauern. Sie endet mit dem Tod der Nutzniesser oder durch Verzicht und kann bei Missbrauch gerichtlich aufgehoben werden.
- Wohnrecht endet üblicherweise mit dem Tod der berechtigten Person und kann auch durch Verzicht oder gerichtliche Entscheidung beendet werden, wenn die Nutzung nicht mehr möglich ist.
Umfang und Rechte
- Bei der Nutzniessung darf die Immobilie vollumfänglich genutzt werden, einschliesslich der kommerziellen Nutzung (Vermietung). Nutzniesser dürfen die Immobilie verwalten.
- Das Wohnrecht beschränkt sich auf das Wohnen. Vermietungen oder andere kommerzielle Nutzungen müssen mit den Eigentümer abgesprochen werden.
Pflichten
- Nutzniesser tragen die Verantwortung für den Unterhalt und die Instandhaltung der Immobilie und müssen übliche Kosten selbst tragen. Grössere Reparaturen können nach Vereinbarung auch Sache der Eigentümer sein.
- Wohnrecht verpflichtet zur Übernahme von Kosten für den gewöhnlichen Unterhalt und kleineren Reparaturen, während Eigentümer für grössere Reparaturen zuständig bleiben.
Steuern
- Nutzniesser müssen den Wert der Nutzung als Einkommen versteuern und der Nutzniessungswert kann das steuerpflichtige Vermögen erhöhen.
- Wohnberechtigte Personen versteuern lediglich den Wohnwert als Einkommen, während Eigentümer das Eigentum voll versteuern.
Hausverkauf mit Wohnrecht oder Nutzniessung
Wenn eine Immobilie mit einem Wohnrecht oder Nutzniessung belastet ist, bringt das Einschränkungen mit sich, die für den Verkauf relevant sind.
Es ist möglich, eine Immobilie mit bestehendem Wohnrecht zu verkaufen. Potenzielle Käuferinnen und Käufer müssen aber über das Wohnrecht oder die Nutzniessung informiert werden, da es rechtliche und praktische Folgen mit sich bringt. Das Wohnrecht bleibt nach dem Verkauf in Kraft und muss von den neuen Eigentümern respektiert werden.
Ein Wohnrecht kann den Kreis der potenziellen Kaufinteressenten einschränken und den Verkaufspreis der Immobilie senken.
Die Nutzniessung hat ähnliche Auswirkungen auf den Immobilienwert wie das Wohnrecht. Meist ist der Wertverlust stärker, denn Nutzniesser dürfen eine Immobilie nicht nur bewohnen, sondern können auch Einkünfte aus der Immobilie generieren (zum Beispiel durch Vermietung).